Sind schnellere Internetzugänge auch wirklich schneller?
Heute erreichte mich von KabelBW die Pressemeldung, dass man in Zukunft eine Bandbreite von bis zu 100 Mbit/s anbieten möchte. Natürlich vorerst nur in wenigen Ballungsräumen, aber das Netz soll zügig ausgebaut werden.
Selbst wenn das eigene Netz von KabelBW bei einer durchschnittlichen Auslastung in der Lage ist die Geschwindigkeit zu verarbeiten, so dürfte der typische Internet-Nutzer die Geschwindigkeit mit seinem Browser praktisch nie auch nur annähernd erreichen.
Um das Problem zu erkennen, muss man sich einmal folgendes vor Augen
führen. Der überwiegende Teil der Internetseiten werden mittels eines
normalen Webspace-Paketes gehostet. Diese Pakete fallen unter den
Sammelbegriff “Shared Hosting” und es bedeutet, dass die hierfür
verwendete Server parallel von vielen anderen Webseiten verwendet
werden. Wessen Seite etwas mehr Leistung benötigt, der greift zu einem
virtuellen Server. Aber wie der Name schon sagt, liegen hier auch
mehrere virtuelle Server auf einem Server.
Der springende
Punkt hierbei ist, dass in der Regel die hierfür verwendeten Server
mittels einer 100 Mbit/s‑Netzwerkkarte an das Netzwerk vom
Rechenzentrum angebunden sind. Jeder Besucher einer Webseite, die durch
einen solchen Server ausgeliefert wird, bekommt also bei einem Download
nur einen Anteil der zur Verfügung stehenden 100 Mbit/s. Die
Wahrscheinlichkeit ist dabei relativ groß, dass nicht nur Sie aktuell
auf den Server zugreifen. In der Regel werden es dutzende oder – bei
gut besuchten Seiten – hunderte Personen parallel von einem Server
bedient.
Mittlerweile beliebt sind auch sogenannte ded.Server
für Internetseiten, welche wirklich viele Besucher haben. Aber auch
hier ergibt sich das gleiche Problem. Ein typischer angemieteter
ded.Server besitzt in der Regel eine oder zwei 100 Mbit-Netzwerkkarten.
Die vielen Besucher verteilen sich auch hier auf die gesamte
Bandbreite.
Nur in wenigen Fällen von wirklich großen Seiten
wie zum Beispiel die des Spiegel, vom Heise Verlag oder auch von
diversen Universitäten werden mehrere Server zusammengeschalten. Es
gibt aber auch spezielle Unternehmen welche die Auslieferung von
größeren Datenmengen (z.B. Windows Beta-Versionen) übernehmen. Aber
auch hier erreicht man nur selten die 100 Mbit-Marke.
Wenn man
sich daher also einmal die typische Anbindung vor Augen führt, so kann
man erkennen, dass bei einzelne Downloads von der höheren Bandbreite
absolut nicht profitieren. Man hat nur dann einen Vorteil, wenn mehrere
Nutzer gleichzeitig den Internetzugang verwenden. Dazu zählen kleinere
Unternehmen aber auch Familien die zum Beispiel auch auf IPTV setzen.
Man
sollte sich beim buchen eines solches Paketes schon genau überlegen, ob
man die Bandbreite überhaupt selber effektiv nutzen kann. Man muss aber
auch bedenken, dass gerade bei einer solchen hohen Geschwindigkeiten
auch die Wahrscheinlichkeit steigt, dass die Anbindung (Backbone) des
Internetanbieters durch die Nutzer total überlastet wird. Was dies
bedeutet, kann man bereits jetzt zum Beispiel im KabelBW Forum nachlesen. Allerdings sind mittlerweile praktisch alle größeren Kabelnetzbetreiber wie auch Kabel Deutschland von dem Problem betroffen.
Es bleibt also abzuwarten ob solche Tarife für Endkunden wirklich der Weisheit letzter Schluss sind.